Chronische Wunden: Wie sieht die Zukunft der Versorgung aus?

RDG-Chefredakteur Michael Schanz und Alexander Meyhöfer, Inhaber von „BeFaMed – Ihr Wundexperte“, sprechen über die Bedeutung der Wundversorgung für ambulante Pflegedienste nach der Neufassung der HKP-Richtlinie. Seit 15 Jahren betreibt Alexander Meyhöfer einen medizinischen Fachhandel, der sich auf die Wundversorgung spezialisiert hat. Das Unternehmen ist in Rheinland-Pfalz sowie in den angrenzenden Regionen der Bundesländer Hessen und NRW tätig.

Rechtsdepesche: Sehr geehrter Herr Meyhöfer, der Arbeitsbereich Wundversorgung wird seit geraumer Zeit durch viele regulatorische Veränderungen neu strukturiert.

Jüngst hat der Gemeinsame Bundesausschuss und der GKV-Spitzenverband sowie die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen die Versorgung von Wundpatienten in der Häuslichkeit ins Visier genommen. Wirken sich die aktuellen Entwicklungen auf Ihre Arbeit aus?

Versorgung der Patienten gewährleistet

Alexander Meyhöfer: Gottseidank sind wir personell sehr gut aufgestellt. Die verschiedenen therapeutischen Fachrichtungen, die in unserem Team vertreten sind, machen uns sehr flexibel.

Das heißt, den gestiegenen Qualitätsanforderungen durch die Neufassung der HKP-Richtlinie können wir gelassen entgegensehen. Davon profitieren derzeit auch die umliegenden Pflegedienste, die zunehmend Kooperationsverträge mit uns abschließen.

Unsere ICW-Fachtherapeuten decken die dort vorhandenen Qualitätsdefizite ab, wodurch die Versorgung der Patienten mit chronischen Wunden in der Fläche nach den neuen Maßstäben gewährleistet ist. Es versteht sich von selbst, dass unsere Außendienstmitarbeiter als Medizinprodukteberater über hervorragende Produktkenntnisse verfügen, die durch ständige Fort- und Weiterbildungen auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

Dieser Beratungsvorteil führt zu einer sach- und fachgerechten Versorgung des Patienten, da das richtige Verbandmittel ausgewählt und eingesetzt wird. Dieses Setting wirkt sich dann auch vorteilhaft auf den, die Wunde versorgenden Pflegedienst aus, welcher mit uns kooperiert. Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass eine zielführende Wundversorgung nur mit den modernen Produkten möglich ist.

Hierbei müssen die Ärzte sensibilisiert werden, da diese Anordnungs- und Verordnungshoheit haben. Im Sinne der Sicherung der Behandlungsqualität und der Patientengenesung stellt dies für mich ein Best-Case-Szenario dar.

Rechtsdepesche: Dieser Best-Case sollte dann aber schnellstmöglich zum Standard werden. Dennoch: in der Wundversorgungsbranche sind derzeit aber auch kritische Stimmen in Sachen „Spezialisierung“ zu vernehmen. Wie sehen Sie das?

Neue Anforderungen stellen Herausforderung dar

Alexander Meyhöfer: Das nehme ich natürlich auch wahr. Ich denke, dass die neuen Anforderungen speziell für die ambulanten Pflegedienste eine große Herausforderung darstellen.

Für manche sind die Hürden sehr hoch gelegt. Es ist nicht nur die Personalknappheit, die viele drückt. Die langwierigen Ausbildungserfordernisse für die spezialisierten Tätigkeiten in der Wundversorgung binden zusätzlich die Personalressourcen und stellen natürlich eine nicht zu unterschätzende Kostenlast für die Pflegedienste dar.

Und am Ende weiß auch niemand ganz genau, ob sich die Investitionen in die Personalqualifikation auch auszahlen werden. Zum einen ist die Entlohnung derzeit noch eine Unbekannte und zum anderen befürchten viele, dass das Personal nicht dauerhaft gebunden werden kann.

Es ist keine neue Erkenntnis, dass in der Pflege schon immer eine rege Personalfluktuation herrscht. Dieses Stimmungsbild ist mir von verschiedenen Pflegedienstleitungen zugetragen worden. Schlimmstenfalls kann dies dazu führen, dass eine weitere Versorgungslücke für Patienten mit chronischen Wunden entsteht.

Andererseits erachte ich die Qualitätsoffensive im Bereich der Wundversorgung für notwendig. Aus meiner Perspektive sind hier die Krankenkassen gefordert, eine qualitätsadäquate Vergütung der spezialisierten Pflegedienste zu leisten. Ich hoffe sehr, dass dies in den anstehenden Verhandlungen einer Berücksichtigung zugeführt werden wird.

In digitale Infrastruktur investieren

Rechtsdepesche: Das sind sehr bedenkenswerte Aspekte. Schauen wir nach vorne. Welche Projekte stehen in diesem Jahr konkret bei BeFaMed an?

Alexander Meyhöfer: Wegen der gestiegenen Planungskomplexität haben wir in unsere digitale Infrastruktur investiert. Ein großes Software-Update für das Rezeptmanagement und ein neues Warenwirtschaftssystem werden derzeit eingeführt.

Dabei gilt es zum einen die Entwicklungen im Bereich des E‑Rezeptes zu berücksichtigen und zum anderen für den Fall eines Rückrufes oder eines schwerwiegenden Vorkommnisses die Rückverfolgung des Medizinproduktes zu gewährleisten.

Mit dem Blick auf die Wundversorgung kann so sichergestellt werden, dass uns zu jeder Zeit in ausreichender Menge das erforderliche Verbandmaterial zur Verfügung steht und wir gemeinsam mit dem behandelnden Arzt die optimale Therapie festlegen können.

Parallel hierzu muss unser QM-System auf die Erfassung der verbrauchten und verwendeten Materialien ausgerichtet werden. Dazu müssen die Lieferscheine sowie die Chargenlisten mit Lot- bzw. Chargennummern registriert werden. Diese und viele andere Verwaltungstätigkeiten lassen unseren Arbeitsalltag nicht langweilig werden.

Rechtsdepesche: Was würden Sie einem ambulanten Pflegedienst empfehlen, der sich auf die Wundversorgung spezialisieren möchte?

Alexander Meyhöfer: Eine Analyse des Versorgungsbedarf in der jeweiligen Region sollte immer am Anfang der Überlegungen stehen.

Zu berücksichtigen sind hierbei eventuelle Patientenzuweisungen aus den umliegenden Kliniken und Krankenhäusern, die Anzahl der Haus- und Fachärzte sowie die Kooperationsmöglichkeiten mit benachbarten Pflegediensten ohne Spezialisierung.

Ist der hinreichende Zulauf der Patienten mit chronischen Wunden gegeben, sollte in einem nächsten Schritt an die Qualifizierung der Mitarbeiter und die Gewährleistung der Bindung der Mitarbeiter gedacht werden. Schließlich ist der Kontakt zu den Krankenkassen aufzunehmen und mit diesen gemeinsam ein Leistungskatalog für die Abrechnung zu verhandeln.

Empfehlen möchte ich natürlich zu guter Letzt´ auch die Zusammenarbeit mit einem professionellen, auf die Wundversorgung ausgerichteten Fachhändler. Dieser verfügt über die notwendigen produktspezifischen Kenntnisse und muss ausgebildete Medizinprodukteberater vorweisen. Das stellt aus meiner Sicht einen in sich geschlossen Kreis dar, der eine perfekte Patientenversorgung garantiert.

Rechtsdepesche: Ich bedanke mich sehr herzlich für dieses aufschlussreiche Gespräch.

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